Warnung an die Diakonie

Hans Joachim Iwand 1951:

Wo in diesem Sinne die Gewaltmaßnahmen der Menschen – sozusagen die Lenkung der Nächstenliebe – in „Ordnungen“ umgelogen werden, bedeuten auch die “regulären” Taten der Liebe nichts mehr, die wir unter Beachtung der von uns gesetzten Grenzen ausführen. Die Tatsache, daß in ihnen nichts “Verbotenes” mehr Ereignis wird, macht alles schal und leer. Sie bedeuten jetzt nur noch Quantitatives, auch hier beginnt die Zahl die innere Hohlheit zu verdecken. Daß es eine Tat der Liebe gibt, an einem einzelnen, daß an einer einzigen Stelle das ganze Gefüge der Unbarmherzigkeit gesprengt werden kann, das wird weder geglaubt noch gesehen. Denn Glauben und Sehen ist hier eins. Diese uns “freigestellten” Taten der Liebe verändern auch nicht mehr das Gesicht der Welt. Denn dieses Gesicht verändert sich nicht durch Anhäufung von “Fällen” und durch eine immer noch ansteigende Statistik der “Liebestätigkeit”, sondern es verändert sich da, wo die Taten der Liebe die “Ferne” beseitigen zwischen Menschen, Völkern und Klassen.

Nachgelassene Werke (Neue Folge) Band 1 „Kirche und Gesellschaft“, S. 202 f